Saterfriesisches Wörterbuch
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Wäänt, -e, die

1. Junge, Knabe, Bursche: n roaren Wäänt: ein komischer Kauz. 2. Sohn: die eerste Wäänt: der Stammhalter, Hoferbe.

aan (m.), een (f., n.)

1. ein (Zahlwort) aan Wäänt (die Wäänt): ein Junge; een Múur (ju Múur): eine Mutter; een Húus (dät Húus): ein Haus. 2. jemand; irgendjemand; irgendeiner: 2.1 aan skäl dät wäil hoalje : irgendjemand wird das wohl holen. 2.2 aan bie dän uur : alle, sämtliche. 2.3 die ene of uur : der eine oder andere. 2.4 dät häd aan kweden : das hat jemand gesagt. 3. ein Klaps oder Schlag: hie häd him aan roat : er hat ihm einen Klaps gegeben. 4. ein Glas Schnaps: 4.1 wolt du noch aan häbe? : willst noch einen Schnaps? 4.2 hie mai jädden aan : er trinkt gerne einen Schnaps. 5. Rausch: 5.1 sik aan aandrinke : sich einen Rausch antrinken. 5.2 hie häd deer aan bäte : er ist betrunken. [afrs. ân, ên]

fäästetjuk

faustdick: in der Redewendung: die Wäänt häd et fäästetjuk bäte do Ore : der Junge hat es faustdick hinter den Ohren. (Volksglaube: Der Betreffende ist von einem Dämon oder Kobold besessen, der sich hinter seinen Ohren versteckt und ihn zu Späßen und allerlei Schabernack antreibt.)

Stuk, -ke, dät

1. Stück, Teil, (Wurst) Scheibe: 1.1 n tjuk Stuk Holt: ein dickes Stück Holz. 1.2 in Stukke haue: zerschlagen. 1.3 hie bleeuw in een Stuk stounden: er blieb reglos stehen. 1.4 hie ron in een Stuk färe: er lief weiter, ohne anzuhalten. 1.5 deer koast du die n Stuk fon ousniede!: daran kannst du ein Beispiel nehmen! 1.6 neen Stuk: keinesfalls: häd die Wäänt sik sljucht binúmen? – Neen Stuk!: hat der Junge sich schlecht benommen? – Keinesfalls! 1.7 Stuk foar Stuk : stückweise, allmählich. 2. ungewöhnliches, aufregendes Ereignis: dät is n Stuk uut t Dulhúus : das ist eine ganz verrückte Sache. 3. Erzählung, Geschichte: 3.1 koast du n Stuk fóardrege? : kannst du eine Lesung halten, eine Erzählung vorlesen?. 3.2 deer kon iek die n Stuk fon fertälle : ich kann dir darüber eine Geschichte erzählen. 4. Acker, Grundstück: dät is n goud Stuk (Lound) : das ist ein gutes Stück Land. 5. Musikstück: hie häd n Stuk ap sin Dudelzak spíeld : er hat ein Stück auf seiner Ziehharmonika gespielt. 6. Theaterstück: dut Stuk häbe wie in Oamde apfíerd : dieses Stück haben wir in Emden aufgeführt. 7. Handelsgegenstand, Artikel: älke Stuk koastet fieuw Euro : jeder Artikel kostet fünf Euro. 8. liederliches Mädchen: dät is n dum Stuk : das ist ein dummes, liederliches Mädchen. 9. Koppel; eingezäuntes Weideland: wie hieden trjo/tjo Stukke mäd Skäipe un two mäd Bäiste : wir hatten drei Koppeln mit Schafen und zwei mit Kühen. 10. Arbeitsabschnitt: wie sunt deer al n Stuk mäd wai : wir sind mit der Sache beinahe fertig.

aapje

küssen: Babe, die Wäänt wiel/wüül mie aapje! : Papa, der Junge wollte mich küssen!

anbölkje

anbrüllen, anschreien: die oolde Wäänt houget do Bäidene nit aaltied antoubölkjen: der alte Kerl braucht die Kinder nicht immer anzubrüllen.

anklopje

anklopfen: die Wäänt kon nit lere, dät hie anklopje mout, eer hie dän Komer binnekumt : der Junge kann nicht lernen, dass er anklopfen muss, bevor er das Zimmer betritt.

anlope

1. anlaufen. 2. zu Schaden kommen; ein Missgeschick erleiden: jo sunt mäd hiere Ploan anronnen : sie haben mit ihrem Plan ein Missgeschick erlitten. 3. durch ein Liebesverhältnis schwanger werden: dät äärme Wucht is mäd n Wäänt anronnen : das arme Mädchen ist von einem Jungen geschwängert worden.

anmunsterje

anmustern: die Wäänt wuud in Ait anmunsterd : der Junge wurde in Friesoythe angemustert.

apdrege

1. (Farbe) auftragen. 2. jemandem einen Auftrag geben: dät drege iek die ap; dät moast du dwo : das trage ich dir auf; das musst du tun. 3. zum Essen auf den Tisch bringen, servieren: ju druug dän twäide Goang sälven ap : sie servierte den zweiten Gang selbst. 4. (Kleidungsstück) so lange tragen, bis es verschlissen ist: uus Wäänt häd sien oolde Bukse apdrain : unser Junge hat seine alte Hose verschlissen. 5. (Kleidungsstück) zu hoch tragen: ju drägt dät Klood foare ap : ihr Kleid hängt vorne zu hoch.

apgunge

1. zugrunde gehen (is): iek wol deer nit bie apgunge : ich will nicht dabei zugrunde gehen. 2. (Pflanzen, Blumen) sich entfalten, aufgehen (is): do Bloumen gunge ap : die Blumen entfalten sich. 3. (Teig) aufgehen, quellen (is): die Dee gungt ap : der Teig geht auf. 4. am Horizont erscheinen (is): ju Sunne gungt ap : die Sonne erscheint am Horizont. 5. auflesen, aufgabeln: ju häd nu n näien Fräier apgeen : sie hat einen neuen Freier aufgelesen, aufgegabelt. 6. Essen und/oder Trinken bei Freunden oder Verwandten einnehmen: dälig sjode iek nit; iek gunge dät Íeten bie min Wäänt ap : heute koche ich nicht; ich gehe das Essen bei meinem Sohn einnehmen. 7. schwärmen für etwas (is): hie gungt heel in ju franske Sjoderäi ap : er schwärmt für die französische Kochkunst. 8. keimen: dät Säid is apgeen : die Saat hat gekeimt. 9. zu Ende gehen; verbraucht werden (is): twintig Púund Meel sunt deerbie apgeen : zwanzig Pfund Mehl wurden dabei verbraucht.

apstounde

1. aufstehen: 1.1 ädder apstounde : früh aufstehen. 1.2 der Bauer ruft die Bediensteten jeden Morgen mit: Apstoundet! 2. entstehen, aufkommen: 2.1 ju näie Säärke skäl hier apstounde : die neue Kirche wird hier entstehen. 2.2 n stäärken Wíend stuud toumoal ap : ein starker Wind kam plötzlich auf. 2.3 wo is die Tweelverräid apsteen? : wie ist der Zwölferrat entstanden? 3. sich ereignen; geschehen, besonders in Bezug auf unerwartete Unglücksfälle: 3.1 in dät Húus is deer ook wät Läipes apsteen : in dem Haus hat sich auch etwas Böses ereignet. 3.2 deer kon gau n Melöär apstounde : es kann schnell ein Unglück, eine Katastrophe passieren. 4. geboren werden: bie mien Suster is n litjen Wäänt apsteen : meine Schwester hat einen kleinen Jungen bekommen. 5. wieder in Gang bringen; wiederbeleben: in do Bäidenstune in Seelterlound häd man do oolde Seelter Bäidensspíele (wier) apstounde läiten/ lät : im saterfriesischen Kindergarten hat man die alten saterfriesischen Kinderspiele wiederbelebt. 6. gründen: uus Häärm häd n näien Bidrieuw apstounde läiten/lät : unser Hermann hat einen neuen Betrieb gegründet. 7. aufgehen: ju Sunne stoant ap : die Sonne geht auf. 8. sich widersetzten: hie is juun him apsteen : er hat sich ihm widersetzt.

ättersinne

nachsinnen; grübeln; sich Gedanken machen: uus Wäänt sint uur sien Toukumst ätter : unser Sohn macht sich Gedanken über seine Zukunft.

baierje

1. beiern; eine Glocke mit dem Klöppel läuten: tou Middewinter, Paasken, Pingster, Maria Himmelfahrt un dät Patronatsfest wädt baierd: zu Weihnachten, Ostern, Pfingsten, Maria Himmelfahrt und dem Patronatsfest wird mit dem Klöppel geläutet. 2. schleudern, schaukeln: die litje Wäänt baierde an dän Boomtakke: der kleine Junge schaukelde an dem Ast.

bäistig

stark, kräftig: uut dän litje Wäänt is n bäistigen Käärdel wuden : aus dem kleinen Jungen ist ein kräftiger Mann geworden.

baldoarig

1. sehr groß und kräftig, riesig: dät is n baldoarigen Hingst : das ist ein riesiger Hengst. 2. großartig, hervorragend: iek kuud et mie nit bigriepe, dät die litje Wäänt so n baldoarige Bíelde moald hiede : ich konnte nicht begreifen, dass der kleine Junge so ein großartiges Bild gemalt hatte. 3. wüst, wild, unordentlich: die Komer saag deer baldoarig uut : das Zimmer sah wüst aus. 4. reichlich, üppig: jo sätten uus n baldoarig Íeten ap dän Disk : sie setzten uns ein üppiges Essen auf den Tisch. 5. tüchtig; außerordentlich gut: die Mon is n baldoarigen Oarbaider : der Mann ist ein außerordentlich guter Arbeiter. 6. aufwändig, mit großem Aufwand: uus Unkel häd sien Húus baldoarig apnäierd : unser Onkel hat sein Haus mit viel Aufwand renoviert. 7. katastrophal: dät waas n baldoarig Melöär : das war ein katastrophaler Unfall. 8. roh, gewalttätig: do Wäänte wäide mie tou baldoarig : die Jungen werden mir zu gewalttätig, zu roh. 9. waghalsig, risikofreudig, draufgängerisch: hie is so baldoarig, hie moaket älke Woagewíerk mee : er ist so draufgängerisch, er macht jede Waghalsigkeit mit. 10. luxuriös, prunkvoll: jo hieden n baldoarig Líeuwend in Húus : sie führten ein luxuriöses Leben zu Hause.

balstjúrig

1. ungestüm, wild, impulsiv; unbändig, schwer lenksam: hie is säkstien un noch wät balstjúrig : er ist sechzehn und noch etwas schwer zu bändigen. 2. grob: so n balstjúrigen Wäänt brangst du mie nit wier in Húus! : so einen groben Jungen bringst du mir nicht wieder ins Haus! 3. überlaut, lärmend: hie is noch wät balstjúrig : er ist noch etwas überlaut. 4. taktlos: ju is so balstjúrig, du koast deer groot mäd rekenje, dät ju dät ferkíerde Woud kwädt : sie ist so taktlos, du kannst sicher damit rechnen, dass sie das falsche Wort sagt. 5. (Wetter, Wind) brausend, heftig, stürmisch, ungestüm.

bätefóar

hintenvor, hintendrauf: so n wöisten Wäänt mout n poor Haue bätefoar häbe : so ein ungezogener Junge muss ein paar Schläge hintendrauf haben.

Bats, -e, die

1. gewaltiger Schlag, Klaps: 1.1 die Wäänt kreeg n gouden Bats fon sien Múur: der Junge bekam einen tüchtigen Klaps von seiner Mutter. 1.2 Bats an do Ore: Ohrfeige.

batsje

mit der flachen Hand hörbar schlagen; watschen, ohrfeigen: ju häd dän ruge Wäänt batsed, dät hie an de Múre floog : sie gab dem rohen Jungen eine Ohrfeige, sodass er an die Mauer flog.

bere

1. heben: die litje Wäänt kuud dät Kolig nit bere : der kleine Junge konnte das Kalb nicht heben. 2. (+ sik) sich anstellen, sich benehmen: hie wiste nit, wo hie sik bere skuul : er wusste nicht, wie er sich anstellen sollte. 3. Geld in Empfang nehmen: Ientreed bere : Eintrittsgeld in Empfang nehmen.

Bidrieuw , -e, die

1. Betrieb: hie häd n groten Bidrieuw : er hat einen großen Betrieb. 2. Aufruhr, Lärm, Rummel: die Wäänt moaket fúul Bidrieuw : der Junge macht viel Lärm. 3. (Theaterstück) Akt, Aufzug: in ju twäide Bíelde fon dän lääste(n) Bidrieuw : in der zweiten Szene des letzten Akts.

biebeegje

1. gerade biegen: dät Stuk Íerzen häd die Smid biebeged : das Stück Eisen hat der Schmied gerade gebogen. 2. umbiegen, beiseite biegen: 2.1 hie häd n Deel fon dät Häk biebeged, dät hie deer truchlope kude : er hat einen Teil des Weidetors beiseite gebogen, damit er dort hindurchlaufen konnte. 2.2 hie begede do Rääsken bie : er bog das Schilf beiseite. 3. umerziehen; auf die richtige Bahn bringen: die Wäänt mout biebeged wäide; uurs kumt hie ap dät skeeuwe Paad : der Junge muss umerzogen werden; sonst kommt er auf den schiefen Pfad. 4. einlenken, zurückstecken: eerst wuud hie dul, man dan häd hie biebeged : erst wurde er böse, aber dann hat er eingelenkt.

bíethäbe

1. verführen: die Wäänt fersäkt älke Wucht bíettouhäben : der Bursche versucht, jedes Mädchen zu verführen. 2. zum Narren halten; betrügen, hereinlegen: n uuneerdelken Koopmon bidrjugt toulääst sik säärm : ein unehrlicher Kaufmann betrügt zuletzt sich selbst. 3. jemandem einen Streich spielen. 4. ein Mädchen schwängern. [nl. beethebben]

biïete

die Portion eines anderen unerlaubt essen: wilst iek an ju Dore stude, häd die litje Wäänt mie biïeten : während ich an der Tür stand, hat der kleine Junge meine Portion gegessen.